Die Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, war Austragungsort der „2nd National Conference on Infectious Disease Modeling“, bei der sich über 150 nationale und internationale Expert:innen in Halle (Saale) trafen, um die Modellierungskompetenz im Kampf gegen Infektionskrankheiten in Deutschland und darüber hinaus weiter zu stärken und auszubauen.
Das vom BMBF geförderte Modellierungsnetz für schwere Infektionskrankheiten (MONID) blickt zufrieden auf drei Tage voll spannender Paneldiskussionen, intensiver Gespräche und Vorträge talentierter (Nachwuchs-) Modellierer:innen zurück. Von Mittwoch, den 13.03.2024 bis Freitag, den 15.03.2024 versammelten sich über 150 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in der Leopoldina in Halle (Saale) bzw. online, um sich im Rahmen der „2nd National Conference on Infectious Disease Modeling“ über ihre Forschungsergebnisse auszutauschen und gemeinsam darüber zu diskutieren, wie Modellierungen zukünftig gestaltet und kommuniziert werden können.
Die Konferenz wurde von hochkarätigen Vertreter:innen aus Politik und Wissenschaft eröffnet: Die Dekanin der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Prof. Heike Kielstein, der Parlamentarische Staatssekretär Mario Brandenburg und der Präsident des Robert Koch Instituts Prof. Lars Schaade richteten Ihre Grußworte an die Teilnehmer:innen. In seiner Videobotschaft bekräftigte Staatssekretär Mario Brandenburg, dass es dem Netzwerk erfolgreich gelungen ist, die Modellierungskompetenz zum Thema schwerer Infektionskrankheiten in Deutschland zu bündeln und nach außen sichtbar zu machen, sodass MONID nun als zentraler Ansprechpartner der Wissenschaft für Politik und Gesellschaft dient. Auch der Vertreter des BMBF als Förderer des Netzwerks, sowie die verantwortlichen Mitarbeiterinnen des Projektträgers Jülich konnten sich vor Ort ein Bild über den Fortschritt und Erfolg ihrer Forschungsförderung machen.
Die 2. Jahrestagung bot erneut die einzigartige Gelegenheit, sich mit nationalen sowie internationalen Expert:innen aus dem Bereich der mathematischen Modellierung von Infektionskrankheiten sowie angrenzenden Disziplinen zu den neuesten Erkenntnissen auf diesen Gebieten auszutauschen. Spannenden Input für Diskussionen lieferten dafür auch die international renommierten Keynote Speaker, Prof. Dr. Niel Hens, Biostatistiker von den Universitäten Hasselt und Antwerpen (Belgien), sowie Dr. Julia Fitzner, Leiterin der Abteilung „Insights and Analytics“ bei der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO). Niel Hens gab in seinem Vortrag einen beeindruckenden Überblick zu COVID-19, von ersten Daten zu genutzten Modellen und zurück, und betonte die globale Herausforderung von Pandemien, die eine globale Zusammenarbeit bedarf. Julia Fitzner zog eine Bilanz des weltweiten Infektionsgeschehens 2023, in dem nicht nur SARS-CoV-2 sondern auch Dengue-Fieber und das West-Nil-Virus vermehrt eine Rolle spielen.
In vier Oral-Sessions präsentierten insgesamt 24 Forscher:innen, davon 14 Nachwuchswissenschaftler:innen, ihre aktuellen Forschungsarbeiten dem Publikum. Das Themenspektrum der spannenden Vorträge reichte dabei von der Schätzung des optimalen Alters für die Masernimpfung im Kindesalter, einer Übersichtsarbeit zu den Leitlinien der Qualitätsbewertung und Berichterstattung mathematischer Modellierungsstudien zur Dynamik von Infektionskrankheiten, einer Post-hoc-Analyse der Covid-19-Mortalität in Polen, der Modellierung von Massenveranstaltungen in Anbetracht potentiell zukünftiger Pandemien, einer mathematische Modellierung der Pneumokokken-Übertragung und Krankheitsdynamik in der deutschen Bevölkerung bis hin zur Schätzung der Covid-19-Prävalenz aus Abwasserdaten und der Kosten-Wirksamkeit von COVID-19-Impfstrategien in ressourcenbeschränkten Umgebungen, wie z.B. Äthiopien. Außerdem wurde das aus dem letzten Jahr beliebte Format der einminütigen Elevator Pitches wiederbelebt, in der die Modellier:innen ihr Projekt auf kreative Art und Weise vorstellen konnten, um die Aufmerksamkeit der Konferenzteilnehmenden zu gewinnen. Im Rahmen der anschließenden Poster Session nutzten 55 Forscher:innen, davon 42 MONID-Nachwuchwissenschaftler:innen, in moderierten Poster Führungen die Möglichkeit ihre Ergebnisse der Modellierungscommunity vorzustellen und diese nachfolgend zu diskutieren.
Ein weiteres Highlight der Konferenz war der Austausch von Expert:innen in Panel-Sessions zu drei verschiedenen Schwerpunktthemen, in denen das Publikum in der abschließenden Diskussionsrunde aktiv mit einbezogen wurde: Das Panel „Kontakte und Diversität in Modellen“ bot Einblicke in das Übertragungsrisiko und die Triebkräfte der Epidemiedynamik durch digitale Kontaktverfolgung und beschäftigte sich mit synthetischen Zwillingspopulationen. Im Panel zu „Adaptivem Verhalten in Modellierungen“ stand u.a. die Rolle von Verhaltensreaktionen auf hohe Fallzahlen bei Pandemien im Vordergrund. In letzten Panel widmeten sich die Wissenschaftler:innen dem Thema „Modellierung und Modellparametrisierung für respiratorische Erreger“ und diskutieren u. a., wie ein inverses Problem, d.h. das Schließen von einer beobachteten Wirkung auf deren Ursache – mit Hilfe von Machine Learning gelöst werden kann.
Die Konferenz rückte in diesem Jahr zudem den wissenschaftlichen Nachwuchs in einem „Young MONID Panel“ der neu gegründeten „Young MONID Initiative“ sowie geplante Initiativen zur Nachwuchsförderung verstärkt in den Fokus. Die vor einigen Monaten gestartete „Young MONID Initiative“ hat sich das Ziel gesetzt junge Wissenschaftler:innen aus allen Fachbereichen für die Modellierung von Infektionskrankheiten zu begeistern, wie die Ansprechpartnerinnen der Initiative, Manuela Harries und Dr. Beryl Musundi, betonen. Die Förderung des Modellierungsnachwuchses ist dem Netzwerk ein besonders Anliegen, weshalb die drei besten Poster als auch, dieses Jahr zum ersten Mal, der beste Vortrag prämiert wurden.
Zusammenfassend hat die Tagung einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig es ist gemeinsame und nachhaltige Strukturen zur Stärkung der Modellierungskompetenz in Deutschland und im internationalen Bereich zu schaffen und das hochkomplexe infektionsepidemiologischen Modelle nur interdisziplinärer und gemeinschaftlich entwickelt werden können, um der Lösung globaler Gesundheitsprobleme wie die Erforschung und Bekämpfung schwerer Infektionskrankheiten einen Schritt näher zu kommen.
Pressebeitrag zur Gesundheitsforschung des BMBF
© Universitätsmedizin Halle