Die 3. Jahrestagung des Modellierungsnetzes für schwere Infektionskrankheiten (MONID) stand im Zeichen der internationalen Vernetzung: Sie brachte vom 26. bis 28. Februar 2025 in Berlin rund 180 Wissenschaftler:innen aus über 20 europäischen und außereuropäischen Ländern zusammen. Im Fokus standen aktuelle und künftige Herausforderungen im Bereich der Modellierung von Infektionskrankheiten wie u. a. COVID-19, Influenza, Meningokokken und Ebola.
Die Konferenz bot mit parallelen Vortrags-Sessions, Minisymposien, Keynotes, Postersessions und einem Science Slam an drei Tagen Gelegenheit, sich mit Expert:innen der mathematischen Modellierung von Infektionskrankheiten sowie zahlreicher angrenzender Disziplinen zu den neuesten Erkenntnissen auszutauschen. Im Rahmen der „Projekt-Updates“ stellten die zehn beteiligten Verbünde des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Modellierungsnetzes ihre bisherigen Forschungsarbeiten sowie -erfolge und gaben einen Ausblick auf mögliche zukünftige Vorhaben.
Das Themenspektrum der Sessions reichte von Schwerpunkten wie „Methodische Forschung und Übertragungsdynamiken“, „Menschliches Verhalten und Kontaktstrukturen“ über „Fortgeschrittene Modellierungsmethoden im Bereich der Öffentlichen Gesundheit und der Kontrolle von Infektionskrankheiten“ sowie „Technische Implementierung von Modellen und Anwendungen“ bis hin zu „Rückschlüsse auf Kontaktmuster zum Verständnis der Krankheitsausbreitung: Integration von Mobilfunkdaten“.
Prof. Dr. Alexander Kuhlmann (Universität zu Lübeck/Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, MLU), MONID-Vorstandsmitglied und Leiter der Koordinierungsstelle, eröffnete die Tagung und präsentierte die Forschungshighlights sowie weitere Erfolge aus der dreijährigen Förderphase des Modellierungsnetzes. Er stellte das beeindruckende Wachstum des Netzwerks dar und sprach zum aktuellen Stand von MONID.
MinDirig’in Katharina Peter (BMBF) blickte in ihren Grußworten zurück auf die Entwicklungen seit Beginn der COVID-19-Pandemie vor rund fünf Jahren. Mit Gründung wichtiger Forschungskooperationen – wie der des Modellierungssnetzes für schwere Infektionskrankheiten im Frühjahr 2022 – sei es möglich geworden, den Herausforderungen der Pandemie sowie künftiger Pandemien besser begegnen zu können und als Netzwerk mit einer Stimme zu sprechen. „Ich danke allen beteiligten Wissenschaftler:innen für ihre Forschungsbeiträge der vergangenen Jahre.“, würdigte Peter die Aktivitäten. Sie sprach überdies die zunehmende Bedeutung der Künstlichen Intelligenz in einer künftigen Förderperiode an und betonte die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit, „denn Infektionen machen nicht an Ländergrenzen Halt“.
Prof. Dr. Lars Schaade, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) und Mitglied des Wissenschaftlichen MONID-Beirats, betonte in seinen Grußworten, wie wichtig gemeinsame Projekte auf dem Gebiet der Modellierung von Infektionskrankheiten, die Nachwuchsförderung und eine stärkere Vernetzung sei. „Das enorme Wachstum von MONID ist sehr beeindruckend. Auch ich möchte mich bei dem MONID-Vorstand, der Steuerungsgruppe und allen, die dazu beigetragen haben, bedanken, dass sie das Modellierungsnetz und seine Aktivitäten so erfolgreich gemacht haben.“, lobte Schaade.
Zu den Keynote-Speakern gehörten zwei international renommierte Wissenschaftler:innen: Prof.in Dr.in Alessia Melegaro, Leiterin des multidisziplinären Covid Crisis Labs an der Bocconi University (Italien), gab zu Beginn der Konferenz mit ihrer Keynote „From behavioural science to mathematical modelling: adding realism to infectious disease models“ einen interessanten Einblick in die Modellierung der demographischen Trends und des menschlichen Verhaltens in Verbindung mit der Dynamik von Infektionskrankheiten. Am zweiten Kongresstag hielt der Epidemiologe Prof. Dr. John Edmunds von der London School of Hygiene and Tropical Medicine (UK, ebenfalls Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats) eine inspirierende Keynote-Rede zum Thema „The use of mathematical modelling for decision-making in the UK” und zog in der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden Vergleiche, wie gut vorbereitet die Länder im Falle einer neuen Pandemie seien.
Neben spannenden Vorträgen international renommierter Expert:innen aus der Modellierungscommunity sowie Teilnehmender im Rahmen der 48 Contributed Talks gab es in Form von Elevator Pitches – d. h. jeweils in etwa der Länge einer Fahrstuhlfahrt – 14 Kurzpräsentationen von Nachwuchswissenschaftler:innen. Auch in den Postersessions mit drei geführten Touren stellten die überwiegend jungen Forscher:innen ihre Projekte vor. Im Young MONID Panel stellten die Koordinator:innen der Initiative, Manuela Harries (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung) und Dr. Beryl Musundi (MLU), den Stand der Aktivitäten zur Nachwuchsförderung kurz vor. Drei anregende Vorträge der Gastredner:innen Martín Lotto Batista (Barcelona Supercomputing Center, Spanien), Maren Steinmann (Universität Bielefeld) und Julian Heidecke (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) rundeten die Session ab.
Der „1. MONID Science Slam“ bot am ersten Konferenzabend einen unterhaltsamen Auftakt zum gemeinsamen Netzwerken bei einem Get-together. In einer jeweils 10-minütigen Performance stellten die Slammer:innen dabei ein Forschungsthema allgemeinverständlich für die breite Öffentlichkeit humorvoll – u. a. mittels PowerPoint-Folien, Live-Performances sowie Film- und Musikeinlagen – dar.
Am Donnerstagabend traf sich der Wissenschaftlichen Beirat von MONID mit dem Vorstand, der Steuerungsgruppe sowie dem Projektträger Jülich im Rahmen eines Gremienmeetings. Der Beirat gab Feedback zum Fortschritt von MONID und zum Ausbau von Kooperationen.
MONID-Sprecher Prof. Rafael Mikolajczyk (MLU) gab zum Abschluss der Tagung einen Ausblick auf den für den Beginn des Jahres 2026 geplanten Start der 2. Förderhase und verlieh gemeinsam mit dem Vorstand die diesjährigen MONID-Preise.
Die Auszeichnungen für die besten Posterpräsentationen und den besten mündlichen Vortrag gingen in diesem Jahr an:
- Anna Wendler (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt):
“An extension of age-of-infection models: A SECIR model based on integro-differential equations for epidemic outbreaks“ (Oral Presentation Award) - Antonia Bartz (Universität Münster):
“Usage characteristics of infection dynamic modelling in crisis management of German university hospitals during the COVID-19 pandemic“ (Poster Award) - Dr. Beryl Musundi (Martin Luther University Halle-Wittenberg):
“Assessing the role of mass gathering events on the spread of infectious diseases: RESTART 3.0“ (Poster Award)
Wir gratulieren allen Preisträger:innen herzlich!
Die nächste MONID-Konferenz wird voraussichtlich im Frühjahr 2026 stattfinden. Nähere Informationen folgen.
(Beitragsfoto: ©MONID/Lookzoom Filmproduktion Berlin (Evran Öztürk)
Über MONID:
Das Modellierungsnetz für schwere Infektionskrankheiten ist ein seit Mai 2022 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Forschungsnetzwerk, mit dem Ziel, den interdisziplinären Austausch führender Wissenschaftler:innen aus den dafür relevanten Bereichen zu stärken. MONID ist in Bezug auf Pandemien ein direkter Ansprechpartner für Anfragen aus der Politik. Darüber hinaus engagiert sich der Verbund insbesondere für die Förderung von Nachwuchswissenschaftler:innen und methodischen Weiterbildungen, um die Modellierungskompetenz in Deutschland sowie international nachhaltig zu stärken. Das MONID-Netzwerk setzt sich aus sieben dazugehörigen und drei assoziierten Forschungsverbünden zusammen. Die übergreifende Koordinierungsstelle hat ihren Sitz an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Hintergrund:
Infektionsepidemiologische Modelle sind ein elementares Instrument, um im Kampf gegen die Erreger rechtzeitig und zielgerichtet reagieren zu können. Sie verknüpfen vorhandenes Wissen, machen es interpretierbar und ermöglichen Vorhersagen über die Ausbreitungsdynamiken der Infektionskrankheiten. Dabei werden nicht nur medizinische, sondern auch gesellschaftliche und psychologische Faktoren einbezogen, wie beispielsweise das Kontaktverhalten oder erhobene Eindämmungsmaßnahmen. Je mehr und je bessere Daten in eine Modellierung einfließen, umso besser können Zusammenhänge erklärt, mögliche Effekte abgeschätzt und mögliche Verläufe prognostiziert werden. Um möglichst verlässliche und robuste Aussagen treffen zu können, ist es unerlässlich, Expert:innen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen einzubeziehen.
Die Förderung der Forschung zu neuen sowie bereits endemischen Pathogenen ist dabei essentieller Bestandteil, um das in der COVID-19-Pandemie generierte Wissen und die Ressourcen dauerhaft für die Zukunft nutzbar zu machen. Auf diese Weise soll Deutschland für zukünftige Pandemien besser aufgestellt und Modellierung als zentrales Instrument der Politikberatung nachhaltig gestärkt werden. Die Konferenz will daher eine Plattform zum dauerhaften Austausch und zur nationalen und internationalen Vernetzung der auf dem Fachgebiet forschenden Expert:innen bieten.
Weitere Informationen:
Die Ausrichtung der internationalen Tagung wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummer 557908163.